Archiv der Kategorie: Aktuelles

Kalebasse Nr. 77 (Januar 2025)

Die nächste „Kalebasse“ Nr. 77 (Januar 2025) wird sich schwerpunktmäßig mit einem Weg für Jakobspilger am Bodensee befassen. Dieser Weg führt entlang des Nordufers von Lindau über Friedrichshafen nach Meersburg, dann geht es mit der Fähre hinüber nach Konstanz.

Der Bodensee im Alpenvorland ist ein Relikt der Eiszeit und verdankt seine Entstehung dem Rheingletscher, der hier ein tiefes Zungenbecken ausgeformt hat.

Der Anteil des Bodenseegebietes an der kulturellen Entwicklung Europas ist durch rund ein Jahrtausend von großer, zur Zeit der Karolinger von entscheidender Bedeutung gewesen.

In den Bodenseeklöstern Reichenau und St. Gallen tauchen im deutschsprachigen Gebiet die ersten Berichte über das Grab des Apostels Jakobus in Galicien auf.

Kalebasse Nr. 76 (Juli 2024)

Die „Kalebasse“ Nr. 76 (Juli 2024) befasst sich schwerpunktmäßig mit Weinen am Jakobsweg und mit Darstellungen von Traubenmadonnen. Nach dem Vorwort des ersten Versitzenden Dr. Gerd Gellißen folgen sieben Bibelzitate zum Thema Wein.

Der erste größere Beitrag dieser Ausgabe befasst sich mit den Weinen Navarras, dem ersten Weinbaugebiet am Spanischen Jakobsweg von den Pyrenäen nach Santiago. Schon in der Antike wurde hier Wein angebaut, und der Codex Calixtinus, das berühmteste Buch des Mittelalters über die Verehrung des hl. Jakobus, rühmt den vorzüglichen Wein von Estella („optimo vino“). Natürlich kommt auch der berühmte Weinbrunnen der Weinkellerei neben dem ehemaligen Benediktinerkloster von Irache gebührend zur Sprache.

Navarra liegt in weiter Ferne, aber die enge Nachbarschaft von Kloster und Weinkellerei von Irache wirft die Frage auf, wie die Klöster und geistlichen Stifte in unserem Land an Wein gekommen sind. Dieser Frage wird am Beispiel des Zisterzienserklosters von Altenberg am „Bergischen Jakobsweg“ und der ehemaligen Düsseldorfer Stifte von Kaiserswerth und Gerresheim nachgegangen.

In weiteren Beiträgen berichtet ein Düsseldorfer Jakobspilger von seiner Wanderung auf dem noch wenig bekannten Camino de Invierno in Spanien, stellt ein Kunstkenner Bildnisse der Gottesmutter mit einer Weintraube vor und erklärt den tieferen Sinn solcher Darstellungen. Zum Schluss wird der Blick des Lesers auf den spätmittelalterlichen Hauptaltar der Martinskirche von Euskirchen geleitet, wo ein kindlicher Jakobus zu Füßen seiner Mutter Salome auf einem Steckenpferd reitet.

Jakobsmuscheln im Speckmantel

Die Geschäftsstelle der St.-Jakobus-Bruderschaft Düsseldorf befindet sich seit 2004 im Solinger Stadtteil Ketzberg (bei Gräfrath). Hier lädt die evangelische Gemeinde Ketzberg seit vielen Jahren einmal im Monat nach dem Gottesdienst zu einem gemeinsamen Mittagsmal ins Gemeindehaus.

Unser dort wohnender Geschäftsführer Heinrich Wipper nahm am ersten Adventssonntag 2024 am Mittagessen in der sog. „Ketzberger Kirchenküche“ teil und staunte nicht schlecht, dass es als Vorspeise eine köstliche „Jakobsmuschel im Speckmantel“ gab. Anschließend teilte der sichtlich erfreute Mittagsgast der Küchenchefin mit, dass in der Zeitschrift „Die Kalebasse“ unserer Bruderschaft bislang nicht weniger als 41 Jakobsmuschel-Rezepte von Dr. Horst Degen veröffentlicht worden sind.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch von Interesse, dass auf dem Weihnachtsbasar der evangelischen Gemeinde Ketzberg seit vielen Jahren selbst gemachte Seifen in Form von Jakobsmuscheln angeboten werden. Grundstoff dieser Seifen ist Olivenöl einer griechischen Insel.

„Camino Baztanés“, eine vorab Information

Im Oktober 2024 nahm Hubert Röser, der seit Jahrzehnten die Zeitschrift „Die Kalebasse“ gestaltet, an einer Informationsreise des Spanischen Fremdenverkehrsamtes zu den Jakobswegen in Navarra teil.

Durch diese Region im Nordosten Spaniens ziehen drei Jakobswege. An erster Stelle ist der klassische Camino von Roncesvalles über Pamplona bis vor Logroño zu nennen. Diesem Jakobsweg wurden 40 Seiten der „Kalebasse“ Nr. 49 (2011) gewidmet. Ein weiterer Jakobsweg zieht von Aragon nach Navarra hinein und trifft bei Puente la Reina auf den eben genannten Camino. Der dritte Jakobsweg ist noch weitgehend unbekannt und trägt die Bezeichnung „Camino Baztanés“. Dieser Pilgerweg ist Teil des alten Handelswegs von Bayonne nach Pamplona. Darüber hat Heinrich Wipper schon in der „Kalebasse“ Nr. 25 (1999) berichtet. In diesem Artikel wird die Vermutung geäußert, dass Hermann Künig von Vach auf der Rückreise von Santiago nach Aachen im Jahre 1495 oder kurz davor diesen Weg genommen haben könnte.

Der eingangs erwähnte Herr Röser war vom Camino Baztanés sehr angetan und wird wohl in der nächsten oder übernächsten „Kalebasse“ über seine Wanderung auf einem Teilstück dieses Weges berichten.

Gerd Gellißen: Aubrac – eine Pilgerhospizgründung des 12. Jahrhunderts an der Via Podiensis

Masterarbeit, vorgelegt der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, WS 2023/24

Rezension von Heinrich Wipper (M.A.)

Erschienen in der Kalebasse Nr. 76/2024 Seite 62 – 64

Mit einer Pilgerwanderung auf der Via Podiensis von Le Puy nach Aubrac im Jahre 1979 fing alles an. Als die Pilger nach einer anstrengenden Wanderung die Passhöhe von Aubrac erreichten, waren sie entsetzt über den schlechten Zustand der Kirche des ehemaligen Passklosters. Nach der Rückkehr gründeten die Düsseldorfer Wanderer eine Jakobusbruderschaft mit dem Ziel, das Pilgern auf Jakobswegen neu zu beleben, schon damals mit dem Hintergedanken, etwas für die Rettung der Kirche Notre-Dame des Pauvres (= Unsere Liebe Frau von den Armen) auf dem Aubrac-Pass zu tun. Und in der Tat fuhren 1985 Mitglieder der Bruderschaft, inzwischen zum e.V. avanciert, ins französische Zentralmassiv und haben mit Schaufel und Spaten bei der Renovierung dieser Kirche mitgeholfen.

2011, also viele Jahre später, kam auch der erste Vorsitzende der Düsseldorfer Jakobusbruderschaft, Prof. Dr. Gerd Gellißen, auf seiner 2700 km langen Pilgerwanderung von Köln nach Santiago durch die Berge von Aubrac. In seinem mehr als 400 Seiten umfassenden Pilgerbericht fällt kein Wort, dass er vorhabe, sich eines Tages wissenschaftlich mit dem Pilgerhospiz auf der Passhöhe dieses Berglands zu befassen. Er tat es aber.

Gellißen hat in der Masterarbeit (WS 2023/2024) seines Zweitstudiums (Geschichte und Antike Kultur) an der Universität Düsseldorf die Geschichte des bedeutenden Pilgerhospizes und seines Gründers Adalard, die geographischen und politischen Voraussetzungen für die Gründung, die wirtschaftliche Ausstattung des Hospizes und die Motive von Gründer und Ausstattern anhand von geschichtlichen Quellen und historischen Untersuchungen bearbeitet. Er versucht eine Einordnung der Hospizgründung in die abendländische Hospitalgeschichte vor dem Hintergrund der religiösen und sozialen Bewegungen der Gründungszeit.

Die Arbeit liest sich streckenweise wie ein Kriminalroman: Über den Aubrac führte im Mittelalter eine Pilger- und Handelsstraße, die auf einem damals noch bestehenden Abschnitt der römischen Via Agrippa verlief. In der Nähe des Hospizes wurden die in der Peutingerkarte (eine antike Straßenkarte des Römischen Imperiums) aufgeführte römische Reisestation Ad silanum und ein römischer Tempel nachgewiesen. Das wichtigste Handelsgut war Salz. Die Kontrolle über den Aubrac und die ihn querende Handelsstraße führte zu erbitterten blutigen Fehden zwischen lokalen adligen Grundherren. Aufgrund dieser Auseinandersetzungen wurde der Aubrac zu einem mehr oder weniger rechtlosen Gebiet, in dem Räuber, auch solche adliger Herkunft, ihr Unwesen trieben, die auch vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckten – in der Gründungslegende und in verschiedenen Dokumenten wird von 30 ermordeten Pilgern berichtet. Zur Befriedung dieser Gefahrenlage wurde im Rahmen einer regionalen Paix-de-Dieu- (Gottesfrieden) Bewegung ein Lieu de paix (Friedensbereich) installiert, dem verschiedene sogenannte Sauvetés (Sicherheitsbereiche) zugeordnet waren. In ihm wurden den Flüchtlingen regionaler Konflikte und auch Pilgern Schutz gewährt. Dies wurde im Falle Aubracs einer neutralen adligen Persönlichkeit von außerhalb übertragen, nämlich dem Adalard, dem Vicomte der Grafen von Flandern. Die Motivation der regionalen Erstausstatter für die Hospizgründung wurde vorrangig durch diese regionale Bewegung bestimmt.

Das Hôpital d’Aubrac (Gründung um 1120) war eingebettet in ein Netz von Hospitälern, die in dieser Zeit gegründet wurden. Das 12. und 13. Jahrhundert wurden aufgrund einer im 11. Jahrhundert einsetzenden Armutsbewegung zur „Goldenen Zeit der Hospitalgründungen.“ Diese Einrichtungen standen in der Tradition des abendländischen Fürsorgewesens, das mit dem Christentum entstand. In ihm nahm das „Hospital“ eine zentrale Stellung ein. In der vorchristlichen Antike hat es derartige „Hospitäler“ nicht gegeben. „Hospital“ war ein Sammelbegriff für verschiedene karitative Institutionen wie Altersheime, Krankenhäuser oder Pilgerhospize. Die in ihnen betreuten Personen, nämlich Pilger, Betagte, Obdachlose, Mittellose und Kranke waren die „Armen“ des Mittelalters.

Die Armutsbewegung erfasste ganz Europa. Die Rückbesinnung auf persönliche Armut und Bedürfnislosigkeit ließ neue Orden entstehen, so den Zisterzienser- und den Franziskanerorden. Augustinerchorherren versahen in Hospizen in dieser persönlichen Armut karitative Dienste an Armen und Kranken. Es entstanden neue karitative Orden und Gemeinschaften wie die Johanniter, Templer und Beginen, die den gleichen Idealen häufig nach augustinischen Regeln folgten. Die Armutsbewegung zog insbesondere Angehörige der sozialen Oberschichten an. Sie traten entweder selbst in die verschiedenen karitativen Gemeinschaften ein oder unterstützten sie mit Schenkungen oder durch testamentarische Nachlässe. Ihre Motivation war das Heilsversprechen Christi und die Aussicht auf das Paradies (Mk 10,21: „Geh hin, verkaufe, was Du hast, gib es den Armen und Du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben, dann komm und folge mir nach.“). „Neue“ Heilige wie die hl. Elisabeth von Thüringen oder der hl. Rochus folgten diesem Ideal.

Doch jetzt zurück zum Gründer des Hospizes von Aubrac. Wer war Adalard? Seine Identität konnte in der Arbeit Gellißens durch Quellen (Urkunden der Grafen von Flandern) abgesichert werden. Der Gründer Aubracs war Adalard II d’Esne des Pethegem (~1080-1134), Bouteiller und Vicomte unter Robert II. von Flandern (Robert der Kreuzfahrer). Die Grafen von Flandern gehörten zur direkten Verwandtschaft der de Pethegems. Adalard erlebte als Jugendlicher den Aufruf zum 1. Kreuzzug durch Papst Urban II. Sein Vater Odon und sein Vetter Arnold begleiteten Robert II. auf dem 1. Kreuzzug. Odon hatte zuvor die Abtei Oudenbourg gestiftet. Adalard wuchs also in einer religiös geprägten Familie auf. Um 1118 muss er auf eine Pilgerfahrt nach Santiago aufgebrochen sein, im Gefolge 30 Ritter. Dies deutet möglicherweise daraufhin, dass er sich an der Reconquista, dem Kampf gegen die Mauren in Spanien, beteiligen wollte. Auf seiner Rückreise (nach anderen Legendenversionen bereits auf der Hinreise) gelobte er aufgrund einer Vision am Platz von 30 ermordeten Pilgern, ein Hospiz für Pilger zu gründen. Er begann seine Aufbauarbeit zwei Jahre später. Seine Gründung unterstellte er den Regeln des hl. Augustinus und den Idealen der Armutsbewegung.  Er tat dies, wie aus einer Schenkungsurkunde an das Benediktinerkloster in Conques hervorgeht zur „Rettung seiner Seele“.

Nachfolgende Donatoren gaben Geld und Ländereien aus den gleichen Motiven und ließen Aubrac zu einer großen Grundherrschaft erstarken. In seiner Blütenzeit nach 1300 unterstanden dem Hospital 14 Dependancen mit Hospitalfunktionen und ein Leprosorium. Einkünfte bezog das Hospital hauptsächlich aus Land- und Viehwirtschaft.

Das Hôpital d’Aubrac ist ein herausragendes Beispiel für eine Hospizgründung im „Goldenen Zeitalter“. Geschichte und Geschichten machen aus seinem Gründer Adalard einen „Miles Christianus“ (Soldat Christi) für Sicherheit und Ordnung auf dem Weg durch das Bergland von Aubrac.

Lauriane und Jacques Clouteau: Miam Miam Dodo Via Podiensis

Rezension von Dr. Gerd Gellißen

Deutsche Ausgabe des Wanderführers. Éditions du Vieux Crayon (www.levieuxcrayon.com), 2023, 288 S., ISBN 978-2-38006-027-0, mit 101 Karten im Maßstab 1:37.500 und zahlreichen Stadtplänen.

Französischer Jakobsweg von Le Puy-en-Velay nach Roncesvalles

Da ist sie nun die lang erhoffte deutschsprachige Ausgabe des renommierten französischen Miam Miam Dodo Führers über die Via Podiensis – mit weißem Einband, auf der Frontseite ein großes Foto, auf dem sich zwei Pilger mit „Walking Sticks“ der Markthalle von Auvillar nähern. Auf seiner Titelseite wartet er nicht mit erschlagenden touristischen Höhepunkten wie den Stadtansichten von Le Puy oder Conques auf. Für die Beschreibung der Via Podiensis (=GR65), des landschaftlich schönsten und kulturhistorisch sicherlich interessantesten der vier französischen Jakobswege, werden stattdessen bereits auf dem Einband Informationen über 780 Unterkünfte entlang des Weges, eine jährliche Aktualisierung und eine ausführliche Kartografie im Maßstab von 1:37.500 (!) versprochen. Dass sich bereits hier ein Tippfehler eingeschlichen hat (am Maßstab statt im Maßstab), sei verziehen.

Das Versprechen auf dem Einband wird von den Autoren Lauriane und Jacques Clouteau und ihrem Team überzeugend eingelöst. Die klare Gliederung, die Qualität der Karten und die präzise, zuverlässige Information über die Unterkünfte machen den Führer zu einer unverzichtbaren Hilfe für den Wanderer, zur Bibel für den Pilger, wie seine Autoren durchaus selbstbewusst irgendwo im Text feststellen.

Ein einführender Text, gegliedert in „Der Weg, Die Reise vorbereiten, in Frankreich reisen und praktische Information“, ist vorangestellt. Es ist an alles gedacht: Spirituelle Dimension, das Credential, Monumente des Weltkulturerbes am Weg, Covid-19 Problematik, reist man allein oder in Begleitung, mit Esel oder Fahrrad, der Weg für Menschen mit Behinderung, Öffnungszeiten und Feiertage. Sogar an eventuell auftretende Bettwanzen ist gedacht (Textauszug: …die kleinen Viecher haben in gewissen Herbergen am Jakobsweg ihr Comeback erlebt…).

Die Hilfe bei der Etappenplanung ist von besonderer Qualität: Eine tabellarische Übersicht fasst Streckenabschnitte mit einer Länge zwischen 12 bis 30 Kilometern mit den Unterkunftsmöglichkeiten zusammen, die jeder individuell passend zu seiner Kondition oder Tagesstimmung abrufen kann. Der Wanderer wird in die Nutzung der Karten und Herbergsbeschreibungen mit ihren eingearbeiteten Symbolen in verständlicher Form eingewiesen – dies macht es auch für Menschen leicht, für die eine kartographische Orientierung eine eher ungewohnte Übung ist.

Beginnend in Le Puy und endend in spanischen Roncesvalles, besteht der Kartenteil aus 102 Karten. Darunter befinden sich übersichtliche Stadtpläne der größeren Orte am Weg – etwa Le Puy, Cahors oder Moissac. Die individuellen, optisch hervorragend ausgearbeiteten Karten sind gut mit den darunter gestellten Unterkunftsinformationen abgestimmt. Die Autoren haben eine nahtlose Abfolge der Kartenschnitte festgelegt – vielleicht hätte man für eine bessere Orientierung ein wenig Überlappung einräumen können.

Die Texte der Einführung und die Beschreibung von Orten, Landschaften und Gebäuden machen das Stöbern im Buch und auch die Rezension des Führers zu einem Vergnügen. Sie sind in einem humorvollen, manchmal flapsigen, manchmal auch deftigen Stil verfasst. Staubtrockenheit in der Informationsverabreichung ist sicherlich nicht die Sache der Autoren.

Die Autoren stellen an den Anfang des Führers eine köstliche Legende über die Erschaffung des Miam Miam Dodo und seiner Namensgebung. Sie lässt an Opulenz und Phantasie so manche mittelalterliche Hagiographie hinter sich: Eine junge Schäferin mit einer Engelserscheinung ist zu finden, ein Stotterer ist für die Dopplung Dodo verantwortlich, die Anregung zur Namensgebung ist im Schriftband des Weltenrichters im Tympanon der Abteikirche von Conques vorgegeben. Lauriane und Jacques Clouteau werden zur komödiantischen modernen Version des Jakob de Voragine. Semantische Gemmen sind immer wieder in die Texte eingestreut – hier eine kleine Auswahl:

Der beschwerliche und unübersichtliche Abstieg von Le Chier nach St. Privat d’Allier ist als „Weg zwar schön, aber verwirrend und ein Feind der Knöchel“. Zur Passage des Aubrac wird bemerkt „Wenn Sie die Weiden überqueren, haben Sie keine Angst vor dem riesigen Bullen. Er ist viel zu erschöpft von der Beschäftigung mit seiner weiblichen Herde, um Sie anzugreifen. (Anmerkung des aus dem Allgäu stammenden Übersetzers: Verlassen würde ich mich darauf nicht!) Der Buchsbaum, „der in Felsspalten wuchert und nie seine Blätter verliert, hat keine Feinde außer dem Lama, das hier ziemlich selten ist, und einem liederlichen Schmetterling…“. „Der aus Australien stammende Eukalyptus breitet sich ohne Fressfeinde schamlos über das ganze Land aus.“ Anschließend macht der Autor Jacques Clouteau den Jakobspilgern einen skurrilen Vorschlag, der hier aus Rücksicht auf die weiblichen Leser lieber unübersetzt bleibe: „Alors ne vous gênez pas pour uriner abondamment au pied de tous les eucalyptus que vous verrez.»

Mit der deutschsprachigen Ausgabe des MIAM MIAM DODO Wanderführers ist dem Autorenpaar ein großer Wurf gelungen. Ihre Qualität schließt sie an die der französischen Ausgabe an, die seit der ersten Auflage im Jahre 1998 auch für Nicht-Franzosen eine verlässliche Hilfe bei ihrem Weg über die Via Podiensis war. Inzwischen ist das Miam Miam Dodo zu einer Reihe angewachsen, die die anderen französischen Wege und den Camino francés einschließt. Für diese Qualität wurde Le Vieux Crayon im Jahre 2021 vom spanischen Journalistenverband in der Ehrenhalle der Universität von Santiago de Compostela der Aymeric-Picaud Preis verliehen.

Es ist zu wünschen, dass auch die Beschreibung der anderen Jakobswege ihren Platz in deutschsprachigen Ausgaben des Miam Miam Dodo finden wird.

(Dr. Gerd Gellißen)

(aus: Die Kalebasse, Nr. 74, 2023, S. 66-68)