Herbert Simon: Pilgerherberge in Villafranca del Bierzo

Die Kalebasse Nr. 13, 1993, S. 6f

Pilgerherberge in Villafranca del Bierzo

Welcher Jakobspilger kennt sie nicht: die Herberge in Villafranca, neben der berühmten kleinen Santiago-Kirche, die völlig erschöpften Pilgern vor dem kräftezehrenden Aufstieg in die Berge Galiciens den gleichen Ablass wie das Haus des Apostels Jakobus in Compostela bringt? Verbunden ist sie heute mit dem Namen der Familie Jesús Arias Jato und seiner Frau Carmen und den sechs Töchtern. Unser Pilgerbruder Hansjörg Sing schmückte das Titelbild seines Buches „Der Jakobsweg“ mit dem Portal und Schlüssel der Santiago-Kirche Villafrancas.

Seit dem 1. Juni 1993 ist diese Kirche „Nationales Denkmal“ und untersteht der Denkmalpflege, die sie nur zu bestimmten Besuchszeiten öffnet. Über zwei Jahrzehnte hatte "Jato" – so der Kurzname von Jesus Arias Jato – die Schlüssel und die Pilger konnten die Kirche jederzeit betreten. Jato stellte auch die beiden Glashäuser seines Gärtnereibetriebs, die an das Kirchengelände grenzten, uneigennützig den Pilgern zur Verfügung. Die Familie übernahm die Betreuung mit großer Begeisterung. Sicherlich ging es bei wenigen Mitteln sehr einfach und auch lässig zu. Aber irgendwie stimmte das Ambiente: der freundliche, hilfsbereite Geist ließ die müden Pilger sich wohlfühlen. Villafranca wurde durch seine Herberge zu einer Begegnungsstätte der Pilger aller Herkunft.

Als in den vergangenen Jahren zweimal die Herberge vorsätzlich in Brand gesteckt wurde und auch der Maschinenpark zerstört wurde, gab der Idealist Jato nicht auf, sondern stieg wie ein "Phönix aus der Asche", um den Pilgern wieder Unterkunft zu geben. Mancher Pilger unterbrach seinen Weg und half kräftig beim Aufräumen und Einrichten. So auch die Dominikanerschwester Angela Hennes vom Bethanien-Kinderdorf Bensberg-Refrath, die drei Monate vor ihrer Profeßfeier im Mai 1991 mit ihrer Mitschwester Sarah nach Santiago pilgerte. Bewegt durch die Bedürftigkeit und vom Geist in Villafranca beschloß sie, zu ihrer Profeßfeier um eine Geldspende für das Refugio Villafranca – anstatt Geschenke – zu bitten.

Nach Erstellung des Bauplans, nach der Baugenehmigung und der Klärung der "Sicherheiten" konnte Herbert Simon am 7. 6. 1993 in Villafranca die stattliche Summe von DM 7.000,00 (in Worten siebentausend) im Auftrag von Schwester Angela an Jato überreichen. Der Pilgerbus der evangelischen Gemeinde Biedenkopf-Breidenstein brachte außerdem Wolldecken eines Kölner Hotels. Zu Ostern hatte bereits ein Pilgerbus der Kölner Gemeinde St. Adelheid je zwei Geräte für Waschraum, Toilette und Brause – Spende der Firma Steinbüschel, Bergisch Gladbach – mitgebracht. Eine Ecke der künftigen Herberge soll damit entstehen. Feierlich und schwer wurde von der Gruppe ein Stein des Kölner Domes, geschenkt von Dombaumeister Prof. Dr. Arnold Wolff und Hüttenmeister Meid, an Jato übergeben. Beim Luftangriff des 3. November 1943 auf Köln brach dieser Stein vom Dom ab. Der bekannte spanische Komponist und Dirigent Cristöbal Halffter – als Bewohner des Burgschlosses des Marques (Markgraf) von Villafranca ist er Nachbar von Jatos Refugio – soll den Domstein einmauern.